Einblicke in die Welt eines äußerst umtriebigen Top-Augenarztes
Interview: Walter Witzany trifft Augenarzt Matthias Bolz
Augen sind äußerst sensible Organe. Sie ermöglichen uns Orientierung und haben große Bedeutung für unsere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Daher sind Augenärzte wie Prof. Dr. Matthias Bolz auch besondere Sinnstifter.
Der 1978 in Wien geborene Matthias Bolz ist Vorstand der Klinik für Augenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum Linz und auf seinem Gebiet eine international gefragte Koryphäe.
Warum das Medizin-Studium, Herr Prof. Bolz?
Ich habe bei einem Berufspraktikum bei einer Augenoperation zuschauen können. Das hat mich so fasziniert, dass ich in Wien ein Medizinstudium begonnen habe. Nach dem Studium absolvierte ich die Facharztausbildung an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie des AKH Wien. Ich war nach dem Studium auch viel im wissenschaftlichen Bereich unterwegs und habe mich habilitiert. Ich bin 2013 dann nach Linz als leitender Oberarzt gekommen.
Mein damaliger Chef ist in Folge nach München gegangen. Die Stelle wurde ausgeschrieben und seither leite ich die Augenheilkunde am Kepler Klinikum. Ich finde diese Arbeit spannend und sinnstiftend, weil ich Menschen helfen kann.
Wie sieht Ihre Arbeit in der Praxis aus?
Meine Welt ist sehr bunt. Dazu gehört die Patientenversorgung in der Ambulanz genauso wie die chirurgische Arbeit. Da kommt noch die Lehre dazu. Wir sind ja auch eine Universitätsklinik. Es gibt zudem sehr viel in der Verwaltung und Administration zu tun.
Darüber hinaus gilt es das Team auszubauen und zu leiten. In Oberösterreich helfe ich etwa auch noch bei der Behandlung von Netzhauterkrankungen in den Krankenhäusern von Freistadt und Rohrbach.
Wie groß ist Ihr Team?
Wir sind 20 Ärzte und Ärztinnen und haben ein entsprechendes Pflegeteam. Zudem gibt es u.a. eine Sehschule du ein Studienzentrum.
Die Theorie ist das Eine, die Praxis aber sicherlich etwas anderes. Wie geht es jemanden, der zum ersten Mal am Auge operiert?
Man wird da langsam an OPs herangeführt und beginnt mit einem Schweine-Auge. Daran werden sämtliche Schritte geübt. Auch bei der ersten Operation wird man natürlich noch nicht alleine gelassen. Ich kann mich noch gut an meine erste Operation erinnern. Die war relativ blutig und mir ist sogar schlecht geworden. Trotzdem bin ich dran geblieben.
Und heute kenne ich auch kein Unwohlsein mehr (lacht).
Wie viele Operationen haben Sie inzwischen durchgeführt?
Keine Ahnung. Es werden schon einige tausend gewesen sein. In unserer Abteilung sind es pro Jahr alleine 4.000 bis 5.000 Operationen bei einem Grauen Star. Da kommen noch der Grüne Star sowie Netzhaut- und Hornhautoperationen hinzu.
Sehr viele Operationen kann man sehr gut vorbereiten, aber es gibt auch akute Operationen – etwa bei Patienten mit einer Netzhautablösung. Und natürlich gibt es auch Patienten, übrigens im Alter von 0 bis 100, die bereits operiert wurden und bei denen es noch Nachbehandlungen braucht.
Oft entstammen Ärzte ja selbst auch einer Arzt-Familie…
Nein, in unserer Familie hatten wir keinen Arzt. Meine Mutter, die leider bereits verstorben ist, war Apothekerin. Mein Vater ist evangelischer Theologe. Beeinflusst wurde ich aber vielleicht noch indirekt, weil die Ärzte bei uns Zuhause immer angehimmelt wurden. Vielleicht hat das also etwas mitgespielt.
Aber die Familie war nicht der Grund, warum ich mich für die Medizin entschieden habe.
Was sind denn die häufigsten Erkrankungen am Auge?
Das sind sicherlich der Graue Star bzw. die Trübung der Linse. Dem kommt man nicht aus. Die Linse muss ja dann ausgetauscht werden, wobei verschiedene Linsentypen zur Verfügung stehen. Inzwischen kann man genau berechnen, welche Linsen das sind. Es hängt auch von Gewohnheiten und Hobbys der Patienten ab.
Was heißt das?
Wenn jemand z.B. Jäger ist, wird er eher in der Ferne scharf sehen wollen, im Gegensatz zu jemanden, der vielleicht Hobbybastler ist und mit vielen filigranen Dingen umgeht. Manche wollen aber auch beides. Für diese unterschiedlichen Bedürfnisse gibt es eben natürlich auch verschiedene Linsentypen.
Ab welchem Alter sollte man eigentlich vermehrtes Augenmerk auf die Augen legen?
Grundsätzlich sollte man das immer tun. Das beginnt schon im frühen Kindesalter, wo die Kleinen noch nicht artikulieren können, dass sie eventuell eine Sehschwäche haben. In der Pubertät geht es darum, dass die Augen wachsen, weshalb es auch hier etwa zu Kurzsichtigkeit kommen kann. Ab 50 plus kommt es dann sehr häufig zu Sehverschlechterungen, die man nicht unmittelbar spürt. Daher sollte man regelmäßig zum Augenarzt gehen und beispielsweise den Augendruck kontrollieren lassen.
Wann sollte ich reagieren, wenn ich nicht mehr gut sehe?
Grundsätzlich stets möglichst bald. Meistens handelt es sich zwar ohnehin „nur“ um eine schleichende Verschlechterung. Aber auch die gehört genau angeschaut. Wen aber etwa eine plötzliche Beeinträchtigung einsetzt, sollte man sofort zum Augenarzt.
Es kann ja auch eine andere Krankheit dahinterstecken.
Sie haben selbst eine Arztpraxis in Linz. Was macht den Unterschied für Sie aus?
Ins Krankenhaus kommen sehr viele Patienten, und wir haben ja auch sehr komplexe Operationen, auf die wir uns konzentrieren müssen. Da haben wir leider nicht ganz soviel Zeit für Menschen, wie wir sie gerne hätten. In der Ordination ist das anders. Ich mag diese Tätigkeit sehr, weil ich dabei eben auch viele interessante Persönlichkeiten treffe, vom Bergbauern bis zum Konzernchef. Und ich habe dann auch etwas mehr Zeit zum plaudern… (lacht).
Foto: T. Duschlbauer
Wo bleibt das Privatleben?
Ja, das gibt es – natürlich eingeschränkt und konzentriert. Aber ich bemühe mich als Vater von 3 Kindern jedenfalls bestmöglich darum. Wenngleich mein Tag unter der Woche auch schon um 5 Uhr in der Früh beginnt und oftmals erst nach Mitternacht endet. Es geht halt nicht anders. Ich bin aber auch deshalb schon so früh auf, weil um diese Zeit noch niemand etwas von mir will, ich zumindest etwas Zeit und Ruhe für mich habe. Um 7 Uhr ist dann ohnehin schon die Morgenbesprechung in der Klinik und ab 8 Uhr bi ich bei einer OP oder auf der Station.
Dann gibt es auch noch die wissenschaftliche Arbeit und die Vorbereitung auf Kongresse. Aber es gibt ja auch noch das Wochenende.
Haben Sie Hobbys, Herr Prof.?
Wenn irgendwie möglich das Laufen, Wandern oder die Musik. Ich höre gerne Musik und besuche auch klassische Konzerte. Ab und zu spiele ich auch selbst am Klavier.
Gab es im Beruf Phasen, wo Sie gesagt haben „Na bitte, wenn ich das gewusst hätte“?
Corona war da sicherlich ein Supergau, weil wir Untersuchungen am Patienten vornehmen, die uns sehr nahe kommen. Anfangs gab es aber noch keine ausreichenden Schutzmaßnahmen. Ich bin sehr stolz darauf, dass in dieser Phase niemand aus unserem Team infiziert wurde. Auch die Situation danach war eine Herausforderung, weil sehr viel Pflegepersonal für die Corona-Patienten auf anderen Stationen abgezogen wurde.
Wie sehen Sie die Zukunft unseres Gesundheitssystems?
Wir jammern auf hohem Niveau. Trotzdem ist das Gesundheitssystem österreichweit schwer gefordert, denn innerhalb der nächsten sieben Jahre werden wir um 20 Prozent mehr Menschen im Alter über 65 Jahren haben. Das ist genau unsere Klientel, und darauf müssen wir uns schon jetzt sehr gut vorbereiten. Eine Chance ist sicherlich die Digitalisierung, die uns hilft, mehr Patienten möglichst individuell zu behandeln, ohne das medizinische Personal stark aufstocken zu müssen.
Prof. Dr. Matthias Bolz im WordRap:
- Geburtstag: 30.01.1978
- Geburtsort: Wien
- Arbeitsort: Linz
Wenn ich nicht Augenarzt geworden wäre…hätte ich wohl etwas Kreativeres gemacht
Arbeit…ist letztlich ja auch ein Mittel zum Zweck, das Leben zu genießen
Mein Lebenstraum…hat sich erfüllt
Das würde ich nie tun…Herrn Witzanys Kaffee-Einladung absagen.
Das nervt mich am meisten… darf ich jetzt nicht sagen
Sms, Whatsapp, Telefon… das hängt immer davon ab
Wenn ich 10 Millionen im Lotto gewinnen würde… würde ich an meinem Leben deshalb auch nichts ändern
Den Artikel aus dem City! Magazin (Ausgabe 10-2022) gibt es HIER nachzulesen!